Interview mit Michaela und Michael Habbel

Interview mit Michaela und Michael Habbel

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Der Artikel „INTERVIEW MIT Michaela und Michael Habbel – „Das war für uns eine tolle Auszeichnung, das wir aus Deutschland ein so tolles Produkt liefern konnten“ erschien in der EN-Aktuell 05/17. In der Zeitschrift ist nur ein gekürzter Teil des Interviews zu lesen. Das komplette, ungekürzte Interview finden Sie hier – zum Anhören oder Lesen.

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„Das war für uns eine tolle Auszeichnung, das wir aus Deutschland ein so tolles Produkt liefern konnten“

Michaela und Michael Habbel

In drei Jahren feiern Sie den hundertsten Geburtstag Ihrer Destillerie und Brennerei. Haben Sie heute noch ein Destillat oder einen Likör im Sortiment, der nach dem Rezept von lhrem Großvater bzw. Urgroßvater Heinrich, dem Gründer des Unternehmens, hergestellt wird?
Ja, wir haben da noch mehrere Rezepte aus der Zeit, weil mein Großvater auch schon sehr kreativ war und im Bereich Kräuterliköre und Wacholderbrände oder Wacholderdestillate vieles gemacht hat. Auf dieser Basis arbeiten wir eigentlich heute noch, das betrifft vielleicht so sechs bis acht Produkte.

Im Keller Ihres Hauses befindet sich auch der älteste Whiskey Deutschlands. Was ist das für ein Whiskey und was ist eine solche Flasche wert?
Das ist korrekt. Der älteste Whisky Deutschlands ist von 1977. Den haben wir aus zwei verschiedenen Rohstoffen gemacht. Es gibt einmal die Sorte aus Weizen mit 15 Prozent Malzanteil und einmal aus Roggen mit 15 Prozent Malzanteil. Dieses Destillat ist zwar 1977 hergestellt worden, liegt aber allerdings nur 12 Jahre im Fass. Das heißt, wenn es die ganze Zeit im Fass gelegen hätte, dann wäre es auch nicht mehr gut, also man darf das auch nicht überstrapazieren. Das Destillat war verhältnismäßig fein, wie wir es heute nicht mehr machen würden, und das verträgt auch keine längere Lagerung als 12 Jahre im Holzfass. Aber es ist korrekt, dass der 1977 destilliert worden ist und der älteste Whisky Deutschlands ist. Er kostet ca. 150 Euro die Flasche.

Sie haben schon viele Preise für Ihre Spirituosen gewonnen. Welche Preise bedeuten Ihnen am meisten?
Ein besonderes Erlebnis war für meinen Vater und mich der Gewinn beim Whisky National Award auf der InterWhisky im letzten Jahr. Hier sind wir von allen deutschen Brennereien von alten deutschen Whiskys als die beste deutsche Whisky Brennerei ausgezeichnet worden. Und das hat uns natürlich ganz besonders viel bedeutet, weil wir einen sehr engen Draht zu den deutschen Kollegen haben und es auch eine Branche ist, die sehr eng zusammenarbeitet.

An dieser Stelle Glückwunsch zur Doppelgoldmedaille für Ihren 6 1/2 – 14 Single Malt Whisky.
Vielen lieben Dank. Darüber haben wir uns natürlich auch besonders gefreut! Wobei wir auch sagen müssen, dass dieses Ergebnis sehr überraschend für uns war, weil wirklich weltweit ganz bekannte Brennereien, die unter teilweise wahnsinnig bekannten Dachkonzernen sind, daran teilgenommen haben. Das war für uns natürlich eine tolle Auszeichnung, dass wir aus Deutschland so ein tolles Produkt liefern konnten, dass selbst Schotten, Kanadier und viele andere gar nicht mithalten konnten. Das hat uns natürlich stolz gemacht.

Stimmt es, dass Sie dieses Jahr an den Spirituosen-Weltmeisterschaften (WSA – World Spirit Awards) gar nicht teilnehmen wollten?
Ja, richtig, wir hatten auf der InterWhisky diesen Whisky National Award gewonnen und dann haben wir gedacht: „Okay, dann müssen wir eigentlich nicht an noch so einem großen Wettbewerb teilnehmen“. Jetzt war es aber so, dass wir schon als Teilnehmer dieses Wettbewerbs angemeldet waren und der Veranstalter hat uns dann gebeten, ein Produkt einzuschicken, gerne einen Single Malt. Wir haben dann noch nicht einmal unser 14 Jahre altes Destillat in Fassstärke eingereicht, der in Frankfurt gewonnen hat, sondern es war dann eben unsere Klassik-Linie 6 ½ – 14, der sogenannte große Bruder vom 4 ½ – 12. Das war der Vorgänger. Und den haben wir dann eingeschickt und ein herausragendes Ergebnis mit dem erzielt, mit dem wir dann auch nochmal die Sonderauszeichnung „Spirit of the Year“ bekommen haben.

Award Winner 2017

Was ist das Geheimnis, um einen Weltmeister-Whiskey zu kreieren?
Man sagt immer, dass ein Drittel in der Destillierblase passiert, und zwei Drittel nachher beim Fass-Management. Ich muss sagen, dass ich aktuell natürlich vom Know-how meines Vaters profitiere, der das einfach seit seinem 20. Lebensjahr macht und dadurch unglaubliches Fachwissen mitbringt und unglaubliche Erfahrungswerte. Und ich glaube, dass das der gravierende Punkt ist, was uns von anderen deutschen Brennereien dann auch unterscheidet.

Also die Erfahrung in erster Linie?
Ganz genau. Was auch ganz wichtig ist, das ist die Zeit, die man sich lassen muss. Man kann also nicht heute etwas herstellen, gerade im Whisky-Bereich, da ist ja die Mindestlagerzeit von drei Jahren und einem Tag vorgesehen, dass er überhaupt Whisky heißen darf. Aber dann ist es eigentlich immer noch kein guter Whisky, sondern er sollte wirklich auch mal länger liegen bleiben. Was natürlich auch schwierig ist, weil vier Prozent per Anno ist der sogenannte Angel’s Share, der geht also in die Luft. Sie können also sagen, nach 12, 13, 14 Jahren ist die Hälfte aus dem Fass verschwunden. Das kostet natürlich Geld und viele gehen das Risiko auch gar nicht ein und sagen: „Wir können jetzt vielleicht tausend Flaschen verkaufen. Wenn wir den noch einmal ein paar Jahre liegen lassen, sind es noch 500.“ Aber die 500 sind natürlich um ein deutliches besser als vorher die tausend Flaschen, die man hätte machen können.

Es ist ja auch möglich, Whiskys bei Ihnen zu probieren bei Ihren beliebten Tastings. Wann finden denn die nächsten Tastings statt? Sie sind da ja ziemlich gut ausgebucht.
Ja, bis einschließlich November sind wir leider schon wieder ausgebucht. Wir veranstalten verschiedene Mottos, da geht es zum Beispiel jetzt im August weiter mit einem schönen Barbecue unter dem Motto „Meat meets Peat & Sweet”. Das heißt, da bieten wir einfach ein richtiges schönes amerikanischen Barbecue an, dazu gibt es dann torfige Whiskys und einige süße Whiskys, was natürlich nicht bedeutet, dass sie gezuckert sind, sondern dass sie zum Beispiel im Sherry-Fass gelagert haben. Im Oktober haben wir zum Beispiel ein tolles Motto mit Schokolade, da gibt es in unserem Restaurant auch das passende Schokoladen-Menü dazu. Im November ist so ein Klassiker die Classic Malts auf Scotland, und das ist immer eine unglaublich nette Runde, es kommen Leute zusammen, die das Kulinarische lieben, die gerne Whisky trinken, und da ist dann auch immer ein wahnsinniger Informationsaustausch. Und das macht auch wirklich Spaß, whiskyinteressierte Leute kennenzulernen, und da haben sich sogar schon Freundschaften drunter gebildet. Wo wir noch einige Karten zu haben ist ein ganz großes Event im September, das findet bei uns im Restaurant statt, da bekommen wir Besuch von Heinfried Tacke, er ist Journalist und Herausgeber vom Whisky Guide Deutschland und ist Chef-Redakteur vom Whisky Botschafter, und der veranstaltet hier ein großes Whisky-Dinner bei uns im Restaurant, wo es dann auch ein passendes mehrgängiges Menü zu gibt.

Wo bekomme ich denn Karten, wenn ich da teilnehmen möchte?
Man kann gerne telefonisch vorab reservieren, gerne auch per Email reservieren, oder uns einfach hier in der Gevelsberger Straße in Haßlinghausen besuchen, dann kann man sich direkt ein sogenanntes Event-Ticket abholen, und man muss sich eigentlich um nichts mehr kümmern, sondern nur noch an dem Abend ein bisschen was genießen.

Frage an Sie beide: war Ihnen immer klar, dass Sie in die Fusstapfen ihres Vaters bzw. Großvaters schlüpfen wollen?
Also für mich war es klar. Ich hab das erste Mal gesagt, dass ich das Unternehmen gerne weiterführen möchte, da war ich sechs Jahre alt, da habe ich auch meinen ersten Tannenspitzen-Geist hier gebrannt. Ich bin hier als Kind aufgewachsen und ich fand es immer toll, dass man im Einklang mit der Natur arbeiten kann, dass man nicht nur am Schreibtisch sitzt, dass man sich kreativ ausleben kann, und für mich war das eigentlich eine ganz klare Entscheidung. Da kann ich aber nicht ganz für meinen Vater sprechen, sondern würde die Frage direkt mal weitergeben.

Für mich war das nicht ganz so klar, denn mein Vater ist von heute auf morgen verstorben und ich hatte eigentlich schon in München meine Niederlassung geplant. Mein Vater ist im Dezember gestorben, im Januar wäre ich nach München gegangen. Ich wollte eigentlich so ein bisschen in die Welt hinaus, wie man so schön sagt, und meine Mutter hat mich dann gebeten: „Du musst das jetzt ein Jahr machen, sonst steht der ganze Laden, dann können wir zumachen!“. Sonst war wirklich kein anderer da, der es machen konnte. Ich hatte Kaufmann und Destillateur gelernt, also habe ich dann meiner Mutter zuliebe und der Tradition zuliebe gesagt: „Okay, ein Jahr ist ja nicht so lang!“. Und dann habe ich das halt gemacht. Meine Mutter hat dann schon nach sechs oder sieben Monaten gesagt: „Wenn du das weitermachst, überschreibe ich dir das Geschäft.“ Das hab ich dann auch getan und bin dann natürlich auch hier hängen geblieben, das ist ja ganz klar. Aber irgendwann, so nach den ersten acht, neun Arbeitsjahren, kam dann auch die Leidenschaft dazu, indem ich nicht nur Korn gebrannt habe und das, was hier vorher gemacht worden ist, sondern indem ich meine eigenen Ideen entwickelt habe. Dadurch war das dann auch so befriedigend, dass es mir auch auch heute noch Spaß macht.

Das heißt Sie bereuen nicht und freuen sich, dass es so gekommen ist?
Nein, ich bereue auf keinen Fall, ich würde es wahrscheinlich wieder so machen und direkt von Anfang an – mit ganzem Herzen sozusagen.

Ihre Tochter erzählte gerade, dass ihr erster Schnaps ein Tannenspitzen-Geist war, was war denn Ihre erste Kreation?
Meine erste Kreation war, den laufenden Betrieb so zu übernehmen. Und ich hab eigentlich nur das gemacht, was immer gemacht worden ist. Und das war ja gerade das, was mich eben nicht so befriedigt hat. Mein erstes Ergebnis ist eigentlich erst viele Jahre später entstanden indem ich gesagt habe: „Ich kaufe jetzt einfach keine Kräutergrundstoffe mehr, sondern die stelle ich auch selber her!“. Ich arbeite mit frischen Kräutern und mit getrockneten. Meine Frau hat immer gesagt: „Das ist nicht nur dein Beruf, das ist auch dein Hobby!“. Ich habe wirklich viele Monate und viele Jahre abends gesessen und Rezepte entwickelt, habe alte Unterlagen gewälzt und geguckt, was hat man so vor 200 Jahren für einen Likör gemacht hat. Ich hab mich da eben eingearbeitet und daraus neue Ideen entwickelt. Das ist eigentlich das Spannende an unserem Beruf, dass man das auch entsprechend umsetzen kann. Obwohl ich sagen muss, man hat auch den einen oder anderen Flop dabei, den man hinterher sozusagen entsorgen muss.

Wenn Alkohol in der Familie so eine große Rolle spielt: sind Familienfeiern da besonders lustig und ausgelassen bei Ihnen, weil jede Menge Schnaps auf dem Tisch steht oder achtet man als Brennerei-Besitzer noch strenger darauf, was und vor allem wieviel getrunken wird?
Ich sag immer so: das ist so, als wenn man zum Beispiel bei McDonald´s arbeiten würde, da würde man glaube ich keine Burger mehr mögen. Und bei uns ist es auch so. Wenn wir etwas probieren, reden wir also wirklich von probieren und von einer Art von Fortbildung. Das heißt, das ist irgendwo auch ein Stück weit dann unsere Inspiration, wenn wir mal etwas probieren. Wenn aber einmal eine Familienfeier ist, und die enge Familie besteht ja nur aus drei Leuten, dann lassen wir es hier natürlich auch gerne krachen! Und das natürlich auch gerne mit eigenen Produkten. Und da wir wissen, dass sie so sauber gebrannt sind, bleibt dann auch schon einmal der Kopfschmerz aus. Aber natürlich muss man Alkohol maßvoll genießen, es ist ein Genussmittel und als das sehen wir natürlich Alkohol auch.

Wenn Ihnen die Arbeit in der Brennerei einmal zu viel wird und Sie ein wenig Ruhe und Entspannung suchen, haben Sie einen Lieblingsplatz im EN-Kreis, an dem Sie besonders gut relaxen und ihre Akkus wieder auftanken können?
Ja, hinter unserer Whisky-Brennerei, der sogenannten Hillock Park Distillery, haben wir ein großes Grundstück, was auch noch landwirtschaftlich von uns genutzt wird mit Obstbäumen. Wir haben zwei Familienhunde, die vollwertige Familienmitglieder sind. Die müssen dann immer herhalten und wir gehen dann viel raus, gehen spazieren und setzen uns an die Teiche und finden da Ruhe. Und das kann ich sowohl für mich sagen, als auch für meinen Vater.

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