Interview mit Uwe Kraftscheck

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Der Artikel „INTERVIEW MIT UWE KRAFTSCHECK – „Wenn ein Euro an uns gespendet wird, dann wird der ohne Verwaltungskosten weitergespendet“ erschien in der EN-Aktuell 08/16. In der Zeitschrift ist nur ein gekürzter Teil des Interviews zu lesen. Das komplette, ungekürzte Interview finden Sie hier – zum anschauen oder lesen.

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Interview mit Uwe Kraftscheck

logo_taubenvaeter„Wenn ein Euro an uns gespendet wird, dann wird der ohne Verwaltungskosten weitergespendet“

Uwe Kraftscheck ist Mitgründer des gemeinnützigen Vereines „Menschen helfen Menschen“, der im EN-Kreis vor allem unter dem Namen „Taubenväter“ bekannt ist. Wir haben dem engagierten und sehr menschlichen Gevelsberger zum Gespräch eingeladen.

Seit 30 Jahren gibt es schon die Taubenväter, deren erster Vorsitzender Sie sind. Nun widmet sich der Verein aber weniger den gefiederten Tieren als vielmehr hilfsbedürftigen Menschen. Was ist das Ziel Ihres Vereins und wofür steht der Name Taubenväter?

Erst einmal: Danke, dass Sie mich ausgewählt haben für das Interview.

Sehr gerne.

Eigentlich ist die Taube nur symbolisch. Wir haben selber keine Tauben und sind auch kein Taubenzüchter. Der Verein heißt richtig „Menschen helfen Menschen e.V.“. Wir haben uns vor dreißig Jahren als Taubenväter gegründet und die Taube ist nur symbolisch. (Anm. d. Red.: Taube = Friedenssymbol). Ab und zu bekomme ich einen Anruf, dass auf dem Parkdeck hier in Gevelsberg zwei Tauben gesessen haben und dann sage ich immer, dass wir selber keine Tauben haben und dann verweise ich auf den Taubenzüchterverein in Ennepetal am Loh in der Loher Straße.

Man munkelt, dass die Idee zu den Taubenvätern bei einer Skatrunde entstanden ist. Wer saß vor dreißig Jahren gemeinsam am Tisch und legte bei einem Kartenspiel den Grundstein für Ihren wunderbaren, gemeinnützigen Verein?

Damals haben wir ein Skat-Turnier gespielt und haben Geld übergehabt. Und da haben wir gesagt, dass können wir gemeinnützigen Zwecken spenden. Da wir in den Anfängen den Bergnot-Rettungsverein und den Seenot-Rettungsverein unterstützen wollten, hatten wir vor dreißig Jahren Schwierigkeiten überhaupt die Adressen von diesen Vereinen zu bekommen. Und dann haben wir ganz schnell erkannt, dass wir nicht so weit weg spenden sollten, sondern dass wir hier vor Ort genügend Not haben und wir mit ein bisschen Geld Abhilfe schaffen können. Am Tisch saßen damals Hans Günter Jellinghaus, der heutige Ehrenvorsitzender, Helmut Oberste-Berghaus, Willi Bröking, Hans-Peter Frohn, Alexander Hartmann, Heinz Zerr und ich. Wir Sieben haben dann den Verein „Menschen helfen Menschen“ gegründet, nachdem uns ein befreundeter Steuerberater aus Gevelsberg eine Satzung geschrieben hat. Wir haben den Verein dann angemeldet am Amtsgericht Schwelm. Nach kurzer Zeit haben wir sogar den Zusatz „mildtätiger Verein“ bekommen.

Lassen Sie uns über die besonderen Augenblicke sprechen. Was ist Ihnen besonders in Erinnerung geblieben, welche Momente in Ihrer Zeit als Taubenvater ging Ihnen besonders ans Herz?

uwe_kraftscheckWir haben über unsere jährliche Spendenausschüttung heraus sehr viele Sondermaßnahmen begleitet. Damals ist an der Hagener Straße ein Haus vor Weihnachten abgebrannt. Da kann ich mich gut daran erinnern. Da haben wir, weil die Leute ja kein Dach mehr über dem Kopf hatten, sofort Geld gespendet. Und dann haben wir eben eine Sondermaßnahme in der Fußgängerzone Gevelsberg gestartet, indem wir mit Sammeldosen herumgegangen sind und für diese Sache Spenden gesammelt haben. Dann war 2005 beispielsweise die Tsunami-Katastrophe, bei der wir Geld auch weiter weg gespendet haben. Auch mit Hilfe einer Sondermaßnahme, bei der uns alle befreundeten Unternehmer geholfen haben. Da haben wir auch wieder in der Fußgängerzone und in den Geschäften rings herum gesammelt. Oder beispielsweise die Elbwasser-Katastrophe, da haben wir auch wieder geholfen. Das sind alles Dinge, bei denen wir weiter weg gespendet haben. Aber ansonsten bleiben die Spenden überwiegend hier im Kreis.

2007 wurden Sie zum ersten Vorsitzenden des Vereines gewählt. Welche Aufgaben und Verantwortlichkeiten bringt das mit sich und wieviel Zeit verbringen Sie als Taubenvater?

Die Zeit kann man manchmal gar nicht messen. Manchmal ist man tagtäglich damit konfrontiert. Das macht ja auch Spaß zu helfen! Natürlich sind da immer viele organisatorische Sachen zu regeln, die die anderen Vorstandsmitglieder und ich immer gemeinsam bewältigen. Wir stehen dafür, dass wir auch viele Direkthilfen machen und eben nicht nur einmal im Jahr bei der jährlichen Spendenausschüttung. Wir werden oft angeschrieben und dann beraten wir uns, ob das in unser Gebiet fällt und wir helfen können. In solchen Fällen machen wir auch eine Direkthilfe.
Die Beweggründe, dass unser Verein keine Verwaltungskosten hat, liegen in den Anfängen. Da haben wir uns über andere Institutionen geärgert, wie das Rote Kreuz oder andere, die 85 Prozent Verwaltungskosten haben. Das mag ja sein, wenn die international agieren müssen, aber da haben wir gesagt: Es muss doch möglich sein, dass wir ohne Verwaltungskosten Geld weiterspenden können. Das waren unsere Beweggründe, dass wir gesagt haben: Natürlich haben wir auch Aufwendungen, aber die werden dann von Vereinsmitgliedern so übernommen, damit da keine Kosten entstehen. Wenn ein Euro an uns gespendet wird, dann wird der ohne Verwaltungskosten weitergespendet.

Johannes Rau war der achte Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland. Welche Verbindung gibt es zwischen den Taubenvätern und dem damaligen Staatsoberhaupt der Bundesrepublik Deutschland?

Der damalige Staatssekretär Rüdiger Frohn ist Gevelsberger Bürger und hatte damals gesagt, wir können mit einer Delegation mal nach Berlin. Wir wollten die Hauptstadt sowieso mal ansehen. Dann sind wir gemeinschaftlich nach Berlin gereist, nicht nur Taubenväter, sondern auch andere Bekannte. Wir hatten dann natürlich das Glück, dass wir das Schloss Bellevue besichtigen konnten, denn damals gab es gar keine öffentlichen Führungen. Das haben die extra nur für uns gemacht! Und dann hatten wir das Glück, dass Johannes Rau am Nachmittag kurz für uns Zeit hatte und wir ihn sprechen konnten. Das war natürlich eine schöne Sache für uns! Damals war übrigens auch unser jetziger Bürgermeister Claus Jacobi mit dabei. Da war er natürlich noch gar kein Bürgermeister! (lacht)

Diesen Herbst hat der Verein sein 30-jähriges Jubiläum gefeiert. Wo sehen Sie die Taubenväter in weiteren 30 Jahren?

Ich hoffe natürlich, dass wir da sind wo wir heute auch stehen. Ich kann nur sagen, ein Jahr ist nicht wie das andere. Es ist immer wieder eine Herausforderung neue Dinge anzugehen, wie jetzt unsere Feier zum 30-jährigen Jubiläum, um möglichst viel Spendengelder zusammen zu bekommen. Ich kann aber eines sagen: Wir werden dieses Jahr auch wieder eine Rekordsumme zusammentragen aus Privatspenden, von Firmen, die uns Gelder gespendet haben und natürlich aus Spenden von unseren Aktivitäten, wie unserem Sommerfest, der Tombola oder unserem Jubiläumsfest. Diese ganzen Gelder, die dort übrig geblieben sind, werden am zweiten Dezember in der Jahresspenden-Ausschüttung verteilt. Dieses Mal sind 51 Spendenempfänger dabei. Man sieht daran, es gibt eine sehr breite Streuung.

Wie sieht es mit dem Nachwuchs aus für den Verein?

Wir haben immer wieder Hilfen, wie beispielsweise jetzt bei dem Fest zum dreißigjährigen Bestehen, das können wir 35 Väter, die wir sind, ja kaum ohne fremde Hilfe stemmen. Aber da hat uns vom FSV Gevelsberg die Damenmannschaft geholfen. Das wird immer wieder so sein. Natürlich sorgen wir dafür, dass der ein oder andere neu aufgenommen wird. Da sind auch schon zwei, drei Leute auf der Warteliste. Die werden wir jetzt im kommenden Jahr aufnehmen. Das sind Menschen, die sich auch gerne für den Verein ins Zeug legen möchten und mithelfen möchten, damit wir am Ende des Jahres eine hohe Spendensumme zusammentragen können. Hier kann man noch sagen, dass wir in diesem Jahr am zweiten Dezember 45.000 Euro ausschütten werden.

In drei Sätzen: Warum ist es so wichtig, die Taubenväter mit Spenden oder ehrenamtlichen Tätigkeiten zu unterstützen?

Einmal weil wir erkannt haben, dass direkt hier bei uns vor der Haustür sehr viel Not ist und wir versuchen Gelder zu bündeln und dort Abhilfe zu schaffen. Ich kann ja mal ein paar Spendenempfänger nennen: Alle Kindergärten in Gevelsberg, die Lesehilfe, der Blindenverein, das Tierheim, der Kinderschutzbund, die beiden Förderschulen im Kreis und auch die Jugendfeuerwehr zur Vervollständigung ihrer persönlichen Schutzausrüstung. Oder auch das Jugendzentrum, nur um ein paar zu nennen. Daran sieht man auch, wie breit wir das angelegt haben zu helfen.

Vielen Dank für das Interview

1 Kommentar zu „Interview mit Uwe Kraftscheck“

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