Interview mit Igor Gellert

Interview mit Igor Gellert

🕓 Lesezeit circa 9 Minuten

Der Artikel „INTERVIEW MIT Igor Gellert – Jede Minute, die ich habe, setze ich in die Kunst“ erschien in der EN-Aktuell 01/22. In der Zeitschrift ist nur ein gekürzter Teil des Interviews zu lesen. Das komplette, ungekürzte Interview finden Sie hier – zum Anschauen, Anhören oder Lesen.

 

Das Interview anschauen statt lesen

Sie möchten das Interview lieber anschauen statt es zu lesen? Kein Problem, hier können Sie sich das Interview ansehen oder anhören:
(Das schriftliche Interview stammt vom ursprünglichen Audiointerview. Das Videointerview wurde nachträglich geführt.)

Bitte stimmen Sie den YouTube cookies zu, um dieses Video anzuschauen. Nach der Zustimmung greifen Sie auf externen Inhalt von YouTube zu.

YouTube Datenschutz

Nach Zustimmung wird die Seite neu geladen, dann können Sie das Video anschauen.


Wir freuen uns in dieser Ausgabe mit dem talentierten Künstler Igor Gellert sprechen zu dürfen. Mit Acrylstiften lässt er auf meist schwarzer Leinwand atemberaubend schöne Bilder entstehen. Im nun folgenden Interview stellt er sich unseren Fragen und lässt uns einen interessanten Blick in sein Künstlerleben werfen.

Jede Minute, die ich habe, setze ich in die Kunst

Hallo Igor! Ich freue mich sehr, dass Du Dir Zeit genommen hast für dieses Interview. Viele werden jetzt bestimmt denken, dass wir uns aus dem EN-Kreis kennen oder auf einer Kunstausstellung kennengelernt haben. Dem ist nicht so. Ich gehöre zu den sehr vielen Followern, die Du auf Instagram und TikTok hast und da habe ich Dich entdeckt und war ziemlich überrascht festzustellen, dass Du aus dem EN-Kreis kommst.

Vielen Dank für die Möglichkeit für das Interview. Ja, ich komme aus Hattingen. Ich wohne hier schon seit 23 Jahren. Gebürtig komme ich aus Kasachstan, aber wir sind einmal nach Hattingen gekommen und wollen hier auch nicht mehr weg. Wir sind hier sesshaft geworden.

Ist ja auch schön in Hattingen! Lass uns über Deine Kunst sprechen: Du bist Künstler. Kannst Du unseren Lesern und Zuschauern und Zuhörern etwas über Deine Maltechnik und Deinen Stil erzählen?

Im Hintergrund sieht man ja ein paar meiner Werke. Hauptsächlich arbeite ich mit Acrylfarben. Ab und zu auch mit Stiften bzw. Markern, die auf Ölbasis basieren. Normalerweise nutze ich eine schwarze Leinwand. Dann ziehe ich mit Markern Linien und dadurch ergeben sich dann Konturen. Ich arbeite noch ein paar Schattierungen hinein. Normalerweise male ich Porträts von Menschen, ich mache aber auch Tiermotive. Das ist meine Grundbasis, aber ich halte mich auch an andere Motive. Man muss auch weiterdenken, man muss auch an sich weiterarbeiten. Zum Beispiel hier, das ist das neueste Bild von mir, da sieht man einen Schmetterlinge im Gesicht. Wer ist diese Frau? Das soll die eigene Fantasie ankratzen. Dieses Bild basiert auf dem Stil einer Künstlerin, zu der ich hoch aufsehe.

Wie ich eben schon erwähnt habe, bist Du ja sehr erfolgreich bei TikTok und Instagram unterwegs. Wie wichtig ist es denn für einen Künstler, in den sozialen Netzwerken zu sein?

Ich denke zu unserer Zeit auf jeden Fall sehr wichtig. Man hat noch in Gedanken, wie es damals war, die Kunst gehöre in die Galerie und nur durch die Galerien könne man Werbung schaffen für die Kunst. Natürlich, das ist immer noch Bestandteil der Kunst. Das ist ein Weg, den ich auch noch einschlagen werde. Aber zu unserer Zeit, wenn man wirklich viele Leute erreichen will, muss man auf jeden Fall die sozialen Medien nutzen. TikTok, Instagram und es gibt es noch andere. Wenn der Algorithmus dich in TikTok greift, dann steigt das natürlich in die Millionen Aufrufe. Für mich war es vor zwei Jahren undenkbar, dass meine Kunst nach Neuseeland geht oder nach Los Angeles und sich wirklich schon auf der ganzen Welt verteilt. Soziale Netzwerke sind sehr wichtig, auf jeden Fall.

Da möchte ich gleich nachfragen. Und wo ist denn inzwischen Deine Kunst überall zu finden? Neuseeland hast Du gerade erwähnt.

Ja, Neuseeland, da habe ich zwei Bilder verkauft. In Australien auch ein paar. Und nach Los Angeles. Jetzt, wo ich grade drüber nachdenke, ich habe ein Bild auch nach Hawaii verschickt. Meine Bilder sind wirklich von ganz im Westen bis nach ganz Osten zu finden. In Mexiko habe ich auch zwei Bilder, nur um Südamerika zu erwähnen. Auch in Chile befindet sich eines. Was mir noch fehlt, ist der asiatische Markt.

Und die haben Dich wirklich über TikTok gesehen und Dich dann angeschrieben.

Ja genau. Ich habe ja auch einen Online-Shop, den habe ich bei TikTok und Instagram implementiert. Und wenn jemand Interesse hat, geht er einfach auf den Link und kann sich einfach alle Bilder anschauen. Genau, die sehen mich auf TikTok, wenn die Videos viral gehen. Instagram ist auch verlinkt. Und sie gehen dann auf Instagram, schauen sie da noch mal die Bilder an und gehen dann auf meinen Online-Shop.

Das ist ja spannend! Aber Ausstellungen, sagst Du, hast Du bisher noch nicht gemacht?

Ich habe ein, zwei kleinere gehabt. Das war aber in der Zeit vor TikTok und Instagram. Das ist auch schon zwei bis drei Jahre her. Ich arbeite daran jetzt auch einen Weg in die Galerien zu finden. Erst einmal lokal, da habe ich auch schon Kontakt. Ja, das ist ein Weg, den ich noch einschlagen möchte.

Es wundert mich, dass bisher keine Galerien bei Dir angeklopft haben. Du bist ja wirklich gut zu finden und malst tolle Bilder.

Es gab ein paar Galerien, die sind aber nicht in Deutschland. In England hat mich auch eine Galerie angeschrieben, nur um eine zu nennen. Ich habe nur drei Bilder in New York ausgestellt, New York Art nennt sich das, das ist aber nur online. Dass die Bilder physisch in einer Galerie hängen, da ist es noch nicht so weit, ich arbeite aber daran.

Da wir gerade über den Verkauf sprechen, darf ich Dich auch fragen, wie das mit den Preisen aussieht?

Es ist alles transparent. Das kann man alles auf meiner Webseite sehen. Dieses Bild, das ist jetzt 1,5 x 1 m, das ist ungefähr für 1.000 Euro zu haben. Die Prints, die daneben hängen, sind günstiger. Das ist ganz verschieden. Leute haben unterschiedliche Geschmäcker, manche wollen ein großes Bild, manche wollen ein kleines Bild, haben das Geld dafür oder haben es nicht. Für jeden ist etwas dabei.

Wie sieht denn Dein Arbeitsplatz aus und wie entsteht so ein Bild?

Ich habe ein Arbeitszimmer. Mein Traum ist natürlich eine Werkstatt oder ein Atelier. Ist natürlich noch ein Traum, möchte ich auch noch hin. Ich habe ein kleines Arbeitszimmer. Wie fängt das an? Normalerweise scrolle ich bei Instagram durch, ich suche mir Motive aus, Porträts, Tierbilder und Gesichter. Wenn ich dann etwas sehe, entwickelt sich bei mir sofort eine Grundform. Ich weiß, ich möchte da hin hinaus. Und dann fange ich erst mal an zu malen. Dann entwickelt sich das fertige Produkt im Entstehungsprozess. „Trust the process““ sozusagen. Das Komische ist, ich arbeite an einem Bild, bin mittendrin dabei und habe dann eine andere Idee. Ich habe so viele Ideen im Kopf, die Zeit reicht einfach nicht. Ich sage immer, hätte ich 36 Stunden am Tag, wäre das immer noch nicht genug.

Und wie lange insgesamt brauchst Du, um so ein Kunstwerk fertigzustellen?

Ich vermeide immer, zu lange daran zu sitzen. Fünfzehn bis zwanzig Stunden benötigt ein Bild, je nachdem welche Größe es hat und ob ich noch irgendwas einbauen will oder nicht. Aber ich vermeide, länger daran zu sitzen, denn dann verliert man an Interesse. Wie gesagt, ich habe eine andere Idee, ich möchte an der neuen Idee arbeiten.

Wo hast Du malen gelernt?

Das ist eine komische Geschichte. Ich empfinde es so: man wird nicht mit dem Talent geboren. Vielleicht schon, aber man muss daran arbeiten. Jeden Tag, auch wenn man es nicht will. Man muss wirklich jeden Tag daran arbeiten. Mein Vater hat eine Rot-Grün-Schwäche und meine Mutter hatte damals die Angst, dass wir das vererbt bekommen haben könnten. Wir saßen deshalb, ich war vier oder fünf Jahre alt, am Tisch und haben mit Buntstiften gemalt. Meine Mutter fragte, welche Farbe dies oder das habe. Aber alles ist gut, wir hatten die Schwäche nicht geerbt. Das malen blieb, wir haben es uns angeeignet. Die Hand-Auge-Koordination. Mein Bruder und ich haben später Mangas gemalt. Zum Beispiel Dragon Ball. Gib mir ein Blatt Papier und einen Bleistift, ich kann den Charakter immer noch innerhalb einer Minute zeichnen. Eine Zeit lang habe ich das Malen vernachlässigt, als ich mein Studium angefangen habe. Ich bin gelernter Bauingenieur, arbeite auch noch als Bauingenieur und mache nebenbei eben noch Kunst.

Nicht in die Kunstrichtung gegangen?

Nein, ich bin Bauingenieur und mache eben auch Kunst. Jede Minute, die ich habe, setze ich in die Kunst. Mitten im Studium fragte mich ein Freund; „Igor, mal mir das hier!“. Das habe ich gemacht. Und dann sagte er mir: „Igor, damit kannst Du Geld verdienen!“ Ich dachte, dass ist viel zu schwer. Und dann kam der Gedanke, damit in die sozialen Medien zu gehen. Das erleichtert vieles. Und dann hat sich das weiterentwickelt. Ich war ein Jahr als Bauingenieur tätig. Eines Abend, ich malte zu der Zeit schon jeden Tag, fragte ich mich, wieso ich das nicht wirklich jeden Tag tue und das in den sozialen Medien zeige? Und so das hat sich das dann Schritt für Schritt entwickelt. Heute ist es für mich undenkbar, einen Tag nicht zu malen.

Wir hatten vorne schon mal kurz angeschnitten. Gibt es denn Vorbilder, die Du hast? Andere Künstler, die Dich inspirieren?

Da gibt es einige. Salvador Dali, ein Genie. Er hat den Surrealismus mitgestaltet. Man muss sich seine Bilder anschauen, auch sein berühmtestes Bild mit den Uhren, die zerlaufen. Der Typ ist Kreativität pur! Aus unserer heutigen Zeit möchte ich Tahlia Stanton aus Australien erwähnen. Ich bin ein großer Fan von ihr. Das ist ein Bild das ist von ihr inspiriert (zeigt auf das Bild mit der Frau, die einen Schmetterling im Gesicht hat). Ich helfe auch ab und zu gemeinsam mit ein paar Künstlern aus der ganzen Welt die Community aufzubauen. Dann ist da der Instagram-Account „Mad Charcoal“. Ich habe auch einen Print von ihm, Josh Hernandez arbeitet mit Kohle. Ich arbeite auch zum Teil mit Kohle und gucke mir bei ihm die Technik ab. Auch zu „Tom Fitch Art“ aus England habe ich Kontakt. Wenn ich zu jemandem aufschaue, dann versuche ich auch Kontakt mit ihm aufzubauen.

Auch das ist einfacher durch soziale Medien.

Ja, so ist das. Es vereinfacht die Arbeit mit den Leuten zu kommunizieren.

Fällt es Dir schwer ein Bild wegzugeben? Da hängt ja auch das Herz dran.

Ja, bei ein paar Bildern auf jeden Fall. Aber ich sage mal so: ob das jetzt bei mir ein Leben lang hängt oder ich beglücke eben jemanden damit und der freut sich dann darüber, dass er es bei sich dann zu Hause hängen hat. Ich erschaffe jede Woche ein Bild und ob das dann bei mir in der Ecke verstaubt oder bei jemandem zu Hause hängt und sich darüber freut, dann ist das in Ordnung. Ich habe natürlich auch ein, zwei Bilder, die möchte ich nicht weggeben.

Was ist Dein ältestes Kunstwerk von Dir, das Du noch besitzt?

Wenn wir wirklich vom allerersten Kunstwerk ausgehen… Ich war fünf, glaube ich. Meine Mutter lag im Krankenhaus und ich habe ihr etwas gemalt. Das hat sie damals noch aus Kasachstan gerettet. Es ist ein kleines Büchlein mit kleinsten Motiven. Das ist von 1996 meine ich. Wirklich die ersten Zeichnungen. Es ist nostalgisch.

Das liegt bei Dir oder bei Deiner Mutter?

Das liegt bei meiner Mutter. Ich habe es letztens noch mal angeschaut.

Dann kommen wir schon zu der letzten Frage. Wir haben schon über den wunderschönen EN-Kreis gesprochen. Gibt es denn einen Ort im EN-Kreis, der Dir besonders gut gefällt, wo Du sehr, sehr gerne hingehst? Wo Du vielleicht Inspirationen findest?

Den Ort will ich nicht verraten. Ist hier in der Nähe, ist eine schöne Aussicht. Aber es gibt viele. Die ganzen Kulturorte, die man kennt. Die Henrichshütte in Hattingen. Da gibt es auch viele Wiesen und auch die Ruhr ist in der Nähe. Da kann man schön spazieren gehen und entspannen. Nächster Ort, das Horizontobservatorium. Gehört das eigentlich noch zum EN-Kreis? Da war ich auch letztens, das ist auch gewaltig. Schade nur, dass man nicht mehr in das Observatorium hineingehen darf. Es ist abgezäunt. Da möchte ich auf jeden Fall noch einmal hin.

Anmerkung der Redaktion: das Horizontobservatorium befindet sich an der Stadtgrenze Herten/Recklinghausen.

Also Du lebst gerne im EN-Kreis höre ich da raus.

Auf jeden Fall, die Ruhr gehört auf jeden Fall zu meinem Leben. Hier möchte ich nie wieder weg.

Vielen Dank für das spannende Interview!

—————

Zu sehen gibt es Igor Gellerts Kunst auf www.gell-art.com und natürlich auf seinem Instagram und TikTok Kanal.

No Comments

Post A Comment